»I have lost my sight but I have not lost my vison«, sagt der kenianische Läufer Henry Wanyoike, der 1995 aufgrund eines leichten Schlaganfalls im Alter von 20 Jahren erblindete. In der Folge verlor er seinen Lebensmut, wurde depressiv, sein Körper gab auf. Zwei Jahre später eröffnet im Hospital von Kikuyu eine Augenklinik, finanziert und geleitet von der deutschen Christoffel-Blindenmission. Henry stellt sich dort vor und erzählt seinen Therapeutinnen von seinem heimlichen Lebenstraum: Läufer wolle er werden, Weltrekordler, Goldmedaillengewinner. Die schreiben ins Therapietagebuch: „Henry ist ein lieber Kerl, aber er spinnt.“
Bekannt wurde er bei den Paralympics 2000 in Sydney. Es waren seine ersten paralympischen Spiele und der 26-Jährige sorgte füreinen besonderen Moment: Er kam als Erster ins Stadion und zog seinen sehenden Begleitläufer, der ihm auf der Laufstrecke den Weg gezeigt hatte und noch immer durch ein Band mit ihm verbunden war, über die Ziellinie. Der Begleitäufer hatte einen Schwächanfall erlitten und konnte Henry kaum noch folgen. Trotzdem gewann Henry Gold. Sein Vorsprung war einfach zu groß gewesen…
Zwei Jahre später nimmt Henry in Nairobi barfuß am Ausscheidungslauf für die Paralympics 2000 in Sydney teil – und gewinnt. In Sydney kommt Henry mit seinem sehenden Begleitläufer ins Finale des 5000-Meter-Laufs. Und dieser Endlauf machte ihn berühmt: Er hatte das gesamte Läuferfeld bereits zweimal überrundet, als sein Begleitläufer Joseph nicht mehr kann. Was Henry nicht wusste: Jospeph war an Malaria erkrankt. Doch Henry gab nicht auf und übernahm seinerseits die Führung. Und tosendem Applaus der Zuschauer im Stadion zog erseinen erschöpften Begleiter am Ende über die Ziellinie und gewann seine erste Goldmedaille.
Wir haben Henry mehrfach in Nairobi / Kenia getroffen und bewundern seine soziale Arbeit. Er hat eine eigene Stiftung gegründet, die Henry Wanyoike Foundation, und finanziert Augenoperationen für Kinder, er hat eine Grundschule für Kinder mit Behinderung nahe eines Slums gegründet („The School of Hope“), er hat mit Boris Becker die Anschaffung von Kühen für arme Familien in den Slums organisiert, er unterstützt die Wiederaufforstung gerodeter Wälder in Kenia, er gründete eine kleine Näherei in Kikuyu, in der er jungen Menschen eine Berufsausbildung ermöglicht; jedes Jahr im Juni organisiert er mit seinem Team den Wohltätigkeitsvolkslauf „Run for hope for a better future“, und baut zur Zeit ein internationales Sportcamp für Kinder und Jugendliche auf.